Jetzt geistert dieses Peter Weibel Interview in Brand Eins wieder durchs Netz. Dabei ist es fast 3 Jahre alt. Gestern auf der Echo-Liste mit besagter Passage:
Ich plädiere für den Sezessionskrieg zwischen dieser Marktkunst und der Kunst der relevanten Museen, ähnlich dem Sezessionskrieg zwischen den Nord- und Südstaaten Amerikas. Man muss die Sklaven des Kunstmarktes befreien. Es ist die Aufgabe der Museen, die Bedingungen einer freien Kunst für freie Künstler wiederherzustellen. Die Museen müssen den Gagosian-Luxusglitter und -flitter nicht mit Ausstellungen aufwerten.
Diese Ablehnung des Marktes. Das muss einen Nerv treffen. Hier meine kurze Stellungnahme:
Peter Weibel hat natürlich recht, dass Künstler, deren Gebaren eher Unternehmen ähnelt, nicht noch Ausstellungen auf Kosten der Steuerzahler erhalten sollten. Wer von ihnen noch eine „Show“ braucht, sollte sich Messehallen mieten.
Allerdings sieht Weibel die Rolle des Museums zu idealistisch.
Kunstmarkt und Museum stehen in einer diffizilen Beziehung zueinander.
Die Exaltationen des Kunstmarktes sind erst da möglich, wo Musealisierung winkt oder schon abgeschlossen ist (siehe die jüngste Auktion von Francis Bacon).
Eine weitere Stärkung des Museums zu Ungunsten des Marktes, wie sie Weibel fordert, würde die Spekulation nur weiter anheizen, denn Werke, die in diesem Kontext Aussicht hätten ins Museum zu kommen, würden um so begehrter werden und unweigerlich im Preis steigen.
(Nur Kunst, die schwer zu sammeln ist, wie Netzkunst würde dem entgehen.)
Die extreme Spreizung der Preise, wie sie für den Kunstmarkt typisch ist, entspringt gerade der Abwesenheit eines Marktes für die breite Mitte der Produzenten. Sie müssen daher museal arbeiten, also vorgeben, ihre Werke hätten keinen Warencharakter und keine Marktabsicht. Da nur eine geringe Anzahl von ihnen ins Museum aufgenommen wird, bleiben die meisten Produzenten arm.
Die Lösung dieses Dilemmas kann nur darin bestehen, gegenüber dem Museum mehr Markt zu zulassen und zu ermöglichen. Das würde bedeuten, dass sich in der Öffentlichkeit (TTIP zum Trotz!) die Ansicht durchsetzen müsste, dass Kunstwerke und andere Kulturgüter ganz gewöhnliche Waren wären. Nur dann könnten sich die Preise normalisieren und damit vielleicht auch dem Verlangen nach „Gagosian-Luxusglitter“ das Wasser abgraben.