Herbstanfang, der wenig schmeichelhaft mit Regen und Kälte einsetzte. Schlechte Voraussetzungen, die 8. Ateliertage Wilhelmsburg in ihrem weitläufigen Ausmaß mit dem Rad zu erkunden. Nach einigem Zögern verlegte ich mich auf die Anreise mit Bus und Bahn mit der Aussicht, nur einen kleinen Abschnitt abdecken zu können.
Meine letzte Umschau lag nun aus mancherlei Gründen schon 4 Jahre zurück, doch wollte ich unbedingt einen Blick in den Hinterhof der Veringstraße 22 werfen, obendrein sehr günstig am Stübenplatz gelegen. Schon hinter der Toreinfahrt betrat man ein Reich, das dem normalen Alltag entrückt zu sein schien. Neben dem größeren Werkstattgebäude und dem Katzenhaus, bemerkte ich nun einen rückwärtigen Schuppen, der ein Atelier beherbergte, das den Eindruck machte, es sei direkt einem Heimatkundemuseum entnommen. Es roch nach Papier, Farbe und Leim. So arbeiteten Künstler vor 100 Jahren. Nein, immer noch in der Gegenwart, im Jahre 2018.
Zum Glück befleißigte sich Elena Galitsch, die ich schon zuvor positiv bemerkt hatte, einer etwas zeitgemäßeren Arbeit, die eine besondere Neigung zur Elektromechanik offenbarte, sowie eine wohltuende Skepsis gegenüber dem Kunstbetrieb. Ob die Selbstbeschreibung ihrer Produktion als ‚Kunst für Freunde‘ (wohl im Gegensatz zu einer ‚Kunst für die allgemeine Öffentlichkeit‘ — da klingt Bourdieu an…) diesen Sinn und damit zugleich einen Kunstanspruch auch einlöste, mochte ich vorsichtig skeptisch sehen. Sie tendierte auf jeden Fall zu einer profanen Kreativität im Sinne Andreas Reckwitz‘.
Mit Elena hatte ich einen äußerst anregenden Austausch, dem ich auch die Empfehlung für ein sehr persönliches Kleidungsstück, der Monoform (anstatt Uniform) verdankte. Die übrige Kruschelei auf ihrer Atelieretage nahm ich nur am Rande zur Kenntnis. Nebenbei ergoss sich kräftiger Regen aus dunklen Wolken.
Katzenhaus
Der weiteren konnte ich bemerken, dass das skurrile Katzenhaus, das beim letzten Mal tatsächlich eine Kolonie heimatloser Katzen beherbergt hatte, nun einem Umbau unterzogen worden war, der dem vorher bescheidenen Schuppen einen beinahe postmodernen Aufbau beschert hatte. Zum Glück kein Gästehaus, obwohl mir alles nach Airbnb zu schreien schien, sondern ein Kunstraum, der den Anspruch auf die kleinste Galerie Wilhelmsburgs erhob. Vor meinem Abgang trug ich mich in den Verteiler ein und erwarte nun Einladungen von dort. [Update: Es kam nie eine.]
Und schnellen Schritts
Für das übrige Wilhelmsburg fehlte mir dann die Zeit. Auf Elenas Hinweis erklomm ich die Treppen zu einer Dachstube, wo ein Herr die schrägsten Dioramen und 3d-Postkarten produzierte, während der Puhsthof nur ein einziges bescheidenes Atelier, eher eine Werkstatt für Metallarbeiten, aufwies. Ebenso dürftig die Zinnwerke. Danach kam für mich schon die Zeit zu gehen und für das nächste Jahr auf besseres Wetter zu hoffen, denn gerade an den Rändern Wilhelmsburg könnte vielleicht noch manches entdeckt werden.