Mit einiger Spannung hatte ich in den letzten Wochen auf die diesjährige Tagung der Kunstsoziologen in Lüneburg (Thema Künste und Mächte) gestrebt, wollte ich mir doch davon eine Form der Auseinandersetzung erhoffen, die ich ansonsten in meinem Alltag schmerzlich vermisse.
Von dem vollen Tag, der für mich ganz ungewohnt schon um 6:30 begann, nahm ich die folgenden Gedanken mit:
🔴 Wie steht es um den Kunstbegriff der Kunstsoziologen? An diesem Tag gab es drei Vorträge, die das Zentrum für politische Schönheit (ZFPS) zum Thema hatten, einer erwähnte Banksy. Mein Einwand, das ZFPS sei wahrscheinlich keine Kunst, wurde aus Zeitmangel nicht weiter ausdiskutiert. Müssten sich die Kunstsoziologen im Hinblick auf den Kunststatus ihrer untersuchten Phänomene nicht eine ethnologische Perspektive zu eigen machen und dem Hinweis oder die Behauptung auf Kunst skeptischer betrachten?
Die Frage ist die, ob #Kunstsoziologie ihren Gegenstand, #Kunst, nicht zu ernst nimmt und ihn stattdessen nach Maßgabe der #Ethnologie als grundsätzlich fremde Praxis behandeln sollte. pic.twitter.com/npje1FsSWZ
— Realbeck (@realbeck) November 23, 2018
🔴 Der argumentativ dichteste Block gruppierte sich rund um das Thema documenta. Ich fand die Ausführungen Gerhard Panzers (Dresden/Kassel) sehr schlüssig, nach der die Kuratoren der documenta (aber wahrscheinlich auch anderer Großausstellungen) zunehmende Skepsis gegenüber dem Format Ausstellung empfinden und dem durch Inklusion kunstfremder Themen, insbesondere solche mit politischer Ambition, begegnen. In meinem Aufsatz zur Entgrenzung der Künste habe ich diese These mit den Überlegungen Michael Lingners verglichen.
🔴 Stichpunkte, Hinweise: Maurizio Lazzarato und immaterielle Arbeit. – Douglas Crimp, Über die Ruinen des Museums.
🔴 Ob ich der einzige Besucher von außerhalb war, also weder selbst Vortragender noch Mitglied der Uni Lüneburg, wird sich nicht erweisen lassen. Wahrscheinlich war ich aber der einzige Künstler. Obwohl ich mich fleißig zu Wort gemeldet hatte, kam es zu keinerlei Diskussion oder weiterem Austausch mit anderen TeilnehmerInnen. Durch das überaus dichte Programm, das, anders als letztes Jahr in Berlin, aus zwei parallelen Panels bestand, blieb die Zeit für Begegnungen während der Tagung recht begrenzt. Das Ende kam erst kurz nach 20 Uhr und vor dem abschließenden Abendessen sollte noch eine Ausstellung in der Halle für Kunst besichtigt werden. Angesichts des langen Tages und des Umstands, dass die Regionalzüge nur alle Stunde nach Hamburg zurückfuhren, entschloss ich mich auf das Abendessen zu verzichten, auch, wenn ich möglicherweise nur dort noch Anschluss gefunden hätte.
Die nächste Tagung findet nächstes Jahr schon im April in Düsseldorf statt. Dem Thema Wahrnehmung bin ich allerdings nicht sonderlich zugeneigt.