Zweierlei Gründe bewogen mich, nach kaum 4 Wochen erneut nach Falster zur reisen. Zum einen hatte die erfolgreiche, doch lärmige Bauwoche mir wenig persönliche Einkehr gewährt. Dazu der Sonnenschein, der mir den Spielraum zur Fotografie beschnitt. Zum anderen zwickte es mich, den riesigen Baum voller halbreifer Quitten ungenutzt zu lassen.
Leider blieb mir der dafür nutzbarer Zeitraum eng begrenzt durch meine monatliche Radiosendung (am 9.11.) und dem Eintreffen der Kunsthochschule (am 14.11.), die dann das gesamte Haus belegen würde. So konnte ich nur Samstag, den 10.11., morgens losfahren. Die Wetter-App hatte mal wieder schlechtes Wetter prognostiziert, was nur zum Glück zur Hälfte eintrat. Bei der Ankunft herrschte milde und liebliche Stimmung vor; die Sonne hinter einigen Schleierwolken verborgen. Nach Einkauf in Horbelev erbot sich gleich ein Spaziergang über die Felder nach Halskov.
Enlang des Weges standen noch etliche Obstbäume voller Früchte, die offenbar niemand ernten wollte. Die Trockenheit des Sommers schien ihnen, wie auch den Quitten nicht geschadet zu haben. Die Quitten, manche so groß wie kräftige Äpfel, wanderten alsbald in den Entsafter, den ich zum ersten Mal selbst bediente.
Zum Glück war dieses Kochgerät kinderleicht zu bedienen. In das unterste Teil Wasser füllen, das kochen musste, und in das oberste Abteil die Quitten, einfach gestückelt, ungeschält. Dann lief alles von selbst ab und erbrachte mir aus einer Ladung einen ganzen Liter Quittensaft, den ich dann in Hamburg zu Gelee verarbeiten wollte.
Stille Zeit
Die übrige Zeit im Haus verbrachte ich damit, die Stille zu genießen, nur hin und wieder unterbrochen durch das sanfte Brummen des Busses, der einmal die Stunde durchs Dorf fuhr, bei Tee und Keksen am knisternden Ofen zu sitzen, zweimaligen Gelegenheiten meine Großformatkamera zum Einsatz zu bringen, eine Tour ans Meer, sowie mancherlei Kleinigkeiten, die dem Haus gewidmet waren. Da ich für Webseite und Social Media verantwortlich bin, bemühe ich mich während meiner Zeit Material anzusammeln, das ich dann verwenden kann, wenn ich nicht dort bin.
Falsterlesezeit
Zur Lektüre hatte ich mir Lucius Burckhardt ‚Warum ist Landschaft schön?‘ mitgebracht, ein Buch, von dem ich einiges erhofft hatte, aber nach etwa zwei Drittel leicht enttäuscht zur Seite legte. Herr Burckhardt brachte zwar einige originelle Gedanke zum Thema Landschaft vor, die sich allerdings auf einen Umfang von 5 Seiten reduzieren ließen. In den restlichen 100 Seiten steckten nur öde Wiederholungen, die offenbar dem Umstand geschuldet waren, dass die Aufsätze des Buches einer umfangreichen Publikation von Zeitschriften enstammten, denen Burckhardt beitrug. Damals wird man das nicht so genau gemerkt haben, dass sich da viel wiederholte, doch in diesem Sammelband wird es leidlich offenbar. Zum Vergleich ziehe man einen anderen ‚Landschafts-Experten‘ heran, wie John R. Stilgoe, der dem Einfluß der Suburb oder der Eisenbahn auf die amerikanische Landschaft hunderte von Seiten detailliertester Erörterung gewidmet hat.
Naturgemäß waren die vier Nächte im Haus viel zu kurz, so daß ich am Mittwoch Mittag schon wieder an der Landstraße betrübt auf den Bus wartete, der mich wieder in die große Stadt bringen würde.