Bahrenfeld, Notizen

Wohnanlage in der Mendelssohnstraße in Hamburg Bahrenfeld

Altoba Wohnanlage in der Mendelssohnstraße

Morgens recht wackelig auf den Beinen, was möglicherweise an dem Temperatursturz gelegen haben könnte, der seit dem gestrigen Ostersonntag eingetreten war und wieder eine dickere Jacke vonnöten machte. Anstatt einer weiteren Radtour nahm ich mir einen Spaziergang nach Bahrenfeld vor, so weit meine Kräfte erlauben sollten.

Bahrenfeld ist ein Stadtteil, dem es an rechter Vorstellung mangelt, ein Nachteil der sicherlich auch auf das Fehlen eines Stadtzentrums zurückgeht, wie es selbst das benachbarte Othmarschen (entlang der Waitzstraße) aufweist. Die daran noch anklingende Lokalität ‚Bahrenfelder Marktplatz‚ ist von traurigster Verlassenheit und nur noch als Autobahnzubringer zu gebrauchen.

Jenseits der greifbaren Tristesse findet sich allerdings in Bahrenfeld eine erstaunliche Vielfalt an Bebauung und Stadtgestalt, wie sie der erste Eindruck kaum vermuten ließe.

Industrie und Gewerbe

Zuallererst war und ist Bahrenfeld von Industrie und Gewerbe geprägt, manche davon sehr gegenwärtig, etwa in dem großen Areal nördlich des Holstenkamps, zur linken Seite von der Autobahn und zur rechten Seite von der Bahnlinie nach Pinneberg begrenzt, sodann ein gutes Stück oberhalb der Stresemannstraße bis hin zum Bornkampsweg, andere davon schon abgestorben und musealisiert, wie das Gelände an der Gasstraße und gerade in der Transformation begriffen der Kolbenhof, wo sich noch in meinem Diercke Atlas von 1974 ein großer grauer Fleck mit der Bezeichnung ‚Margarinewerk‘ fand. Dort droht demnächst dem eindrücklichen Euler-Hermes Hochhaus der Abriss.

Passage auf dem Areal Königliches Proviantamt zu Altona in Hamburg Bahrenfeld

Passage auf dem Areal Königliches Proviantamt zu Altona

Gänzlich verblüffend das kleine Ensemble an Industriearchitektur, das sich Königliches Proviantamt nennt, zwischen Mendelssohnstraße und Bahrenfelder Chaussee. In seiner Geschlossenheit könnte es ein Museumsdorf abgeben. Vielleicht besitzen sie noch irgendwo eine Dampfmaschine, die gelegentlich aufschnaufte?

Wohnsiedlungen

Die der Industrie zuströmende Arbeiterschaft sorgte wohl ab Ende des 19. Jahrhunderts für eine reiche Bautätigkeit diverser Siedlungsgesellschaften, die dem Viertel sehr kompakte und durchgebildete Baukörper bescherten. So finden sich im östlichen Abschnitt, Schützenstraße/Stresemannstraße Oelsnerbauten und gleich gegenüber barockisierende Straßenzüge der Altoba Genossenschaft, wahrscheinlich um 1910, etwa parallel zu denen, die nördlich der Gasstraße bis zur Mendelssohnstraße ein sehr geschlossenes Ensemble mit teils holländischen Anklängen (Doppelgiebel) oder Gartenstadt und Heimatschutzstil bilden. Jenseits der Bahrenfelder Chaussee gewinnen mit dem Reichardt-Block nochmals die frühen 1930er Jahre die Oberhand.

Park an der Lutherkirche in Hamburg Bahrenfeld

Park an der Lutherkirche

Im westlichen Abschnitt Bahrenfelds, wahrscheinlich der Nähe zu Othmarschen geschuldet und von der A7 durchschnitten, lässt sich bürgerliche Wohnbebauung bemerken, Einfamilienhäuser und kleinere Villen, allerdings ohne die Grundstücke, die weiter westlich üblich zu werden beginnen. Leicht den Berg ansteigend gelangte ich am Ende der Van-Hutten-Straße an einen Grünstreifen, teils tief eingeschnitten, der an der Autobahn auf die Lutherkirche traf, wo ich kurz Andacht hielt, bevor ich durch schmalere Parkanlangen, die sich immer hart an der Autobahn hielten, wieder den Rückweg antrat.

Aus geplanten 30 Minuten waren ohne Umstände zwei Stunden geworden.

==> Alle Bilder

  

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert