Bei meiner Rückkehr aus Frankfurt erinnerte ich mich an ein zurückliegendes Vorhaben, die Gegend östlich des Sachsenwalds näher in Augenschein zu nehmen. Insbesondere der Ort Büchen hatte meine Aufmerksamkeit erweckt, seiner guten Verkehrsanbindung geschuldet. Nicht nur erreicht eine Regionalbahn von Hamburg Büchen in kaum 30 Minuten; es gibt Anschlüsse zur direkten Verbindung nach Lübeck und Lüneburg, sowie 6x mal Tag einen IC nach Berlin.
Wenn ich davon ausgehe, dass meine weitere Zukunft noch unabsehbar mit Berlin verbunden sein wird, ein ganz besonderer Pluspunkt für den Ort.
Los gehts
Zuerst zögerte ich an diesem Morgen, dem unsäglichen Feiertag, ob der grauen Wolken, doch eingedenk der Mahnung Fred Pickers, nicht allzulange auf günstige Umstände zu warten, machte ich mich auf den Weg und wurde mit sonnig-diesigem Herbstwetter belohnt.
Und tatsächlich stand ich gerade mal 30 Minuten nach Abfahrt aus Hamburg auf dem Bahnsteig in Büchen. Mitten im Nirgendwo. Von einem Ort oder gar Stadtzentrum war weit und breit nichts zu bemerken.
So machte ich mich zu meinem ersten Ziel auf, ein kleines Haus, das ich im Internet zum Verkauf angeboten, entdeckt hatte. Schon am Rande der Bebauung, gegenüber der Straße nur noch Felder und am Horizont der Wald. Komplett von Hecken, Sträuchern und Bäumen eingewachsen, dass ich Mühe hatte, vom Zaun aus das eigentliche Haus zu entdecken. Da musste jemand über längere Zeit den Rückschnitt vernachlässigt haben. Immerhin, ein Baum in der Einfahrt eine Quitte. Voll mit dicken Früchten. Wirkte das nicht schon einladend? Geradezu zeichenhaft?
Nachdem ich mir (von außen) von allen Standpunkten Einblick ins Grundstück verschafft hatte, die auf der Rückseite des Hauses noch einen kleinen Garten und eine Garage erschlossen, lief ich über die Wiesen bis an das kleine Bächlein, die Steinau, die dort in ausladenden Schleifen dem Elbe-Lübeck Kanal zustrebt. Von dort ein Stückchen nordwärts, bis ich unter der Bahn durchkommend an die Ahnung eines Dorfkerns kam, wo unter der Bezeichnung Amtsplatz ein Rathaus von norddeutschem Beton stand. Ihm gegenüber ein gestalterisch passendes Gebäude namens ‚Gesundheitszentrum‘. Immerhin eine Apotheke dort. Die weitere Infrastruktur in Form dreier Supermärkte ließ ich für den Anschlußzug nach Schwarzenbek aus, von dem ich mir mehr Atmosphäre erhoffte.
Schwarzenbek
Der Bahnhof von Schwarzenbek wirkte gleich städtischer. Drei Männer mit Bierdosen in der Hand am Imbiss. Ansonsten passierte alles entlang der schnurgeraden Hauptstraße.
Ich zählte zwei Drogeriemärkte, mehrere Schuh- und Bekleidungsläden, Maklerbüros, Döner, Shisha, Spielothek, Goldankauf und Eisdiele. Hotels, mindestens drei an der Zahl, annoncierten Festsäale. Wahrscheinlich für Familienfeiern und Tagungen. Man merkte, die Welt war angekommen in Schwarzenbek, das vielleicht das Subzentrum der umliegenden Gemeinden jenseits des Sachsenwaldes bildete.
Mehr als in Büchen, definitiv. Ein Gefühl von Identität oder gar Heimat wollte sich bei mir aber nicht einstellen. Alles wirkte kulissenhaft. Nicht für sich stehend, sondern auf einen unsichtbaren Bezug ausgerichtet. Keine Frage, das ist hier vor den Toren Hamburgs Pendler- oder Metroland.
Zweifel
Auf der Rückfahrt im Zug nach Hamburg überschlug ich meine Beobachtungen. So sehr ich über mein links-spießiges Altona-Ottensen seufze, die Eindrücke von Büchen und Schwarzenbek wirkten sehr ernüchternd auf mich. Ländlich ja, aber von Idyll weit entfernt. Besonders der Bahnhof Büchen lag mir im Magen. Neulich schimpfte ich den von Göttingen trostlos, für diesen hier fehlte mir das Wort. Wollte ich wirklich für lange Zeit, vielleicht für den Rest meines Lebens dort an- und abreisen und mein Zuhause nennen? Die Vorstellung davon erfüllte mich mit Unwohlsein. Wie geht es jetzt weiter?
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