Sie stützen ein System, in dem es wenige Gewinner und sehr viele Verlierer gibt.
Kunstpreise aller Art (es vergeht kein Tag, dass nicht in den Nachrichten von mehreren berichtet würde) sind ein Teil des Rankings in der Kultur. Nach Ansicht von P.M. Menger wird neben dem Sport nirgendwo so viel gerankt wie in der Kultur. Das ist selbst paradox, weil es mit einer gleichmächtigen Erzählung konkurriert, – der Unvergleichlichkeit aller Kunstwerke. Niemand sagt, weder in theoretischer noch in praktischer Absicht, ein Picasso sei besser als ein Matisse oder Thomas Manns Zauberberg besser als Musils Mann ohne Eigenschaften. Jedes Kunstwerk gilt als Einzelfall. Trotzdem existieren Rankings in jeder Hinsicht und die Kunstpreise, die wiederum selbst einem Ranking unterliegen (in der Literatur steht der Nobelpreis an der Spitze), reihen sich ein.
Lesen/Read/Research
The economy of prestige
Titel:The economy of prestige : prizes, awards, and the circulation of cultural value / James F. English
Verantwortlich:English, James F. (Verfasser)
Veröffentlicht:Cambridge, MA : Harvard University Press, 2005
Vertrieb:[Ann Arbor, Michigan] : [ProQuest]
Umfang:xii, 409 p. : Ill.
Prizes are not a celebration but a contamination of the most precious aspects of art.
— James F. English
Von Martin Damus. Undatiert. Wahrscheinlich 1971.
Der Autor bemerkt an einer Stelle, dass in den Beschreibungen zu Sinn und Zweck eines Kunstpreises nirgendwo die Absicht erwähnt wird, den Stifter der Preises selbst zu loben. Für seine Gefälligkeit, sein Großzügigkeit, seinen Gemeinsinn.
Prizes are for schoolboys—I am no longer a schoolboy.
— Der Komponist Charles Ives, der das Preisgeld des Pulitzer-Preises von 1947 für seine 3. Sinfonie verschenkte.
Stefan Beck, Future bonds of multi.trudi. Idee einer Online Auktion für Kunstpreise und Stipendien. Um 2000/2001. Der Antrag auf Förderung wurde vom Kunstfonds Bonn abgelehnt.
Weitere Quellen
Offenbacher Künstlerinnen erfinden die Karikatur eines Kunstpreises, das Schrankstipendium:
http://www.thing-frankfurt.de/2012/schrank-stipendium
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Uni Bielefeld, Workshop „Konkurrenz in den Künsten. Vergleichspraktiken und Bewertungslogiken“, organisiert von SFB 1288-Mitglied Max Richter.
https://blogs.uni-bielefeld.de/blog/sfb1288/entry/konkurrenz_in_den_k%C3%BCnsten_vergleichspraktiken
Twitter / Social Media
Auf Twitter und anderen Kanälen kommentiere ich gelegentlich Literatur- und Kulturpreise. Hier eine kleine Auswahl:
Kultur- und Literaturpreise übertragen Mechanismen des Wettkampfs und des Sports in die Kultur.
Sie lassen es normal erscheinen, dass es auch dort Gewinner und Verlierer gibt. #dbp23
— realbeck (@realbeck) September 19, 2023
Gemerkt:
Anne K. Krüger:
Soziologie des Wertens und BewertensDas könnte unsere Sicht auf Kunst- und Kulturpreise erweitern. #kunstsoziologiehttps://t.co/8AZOmGBoWD
— Thing Frankfurt (@thingfrankfurt) December 15, 2022
Kunst- und Kulturpreise übertragen Mechanismen des Sportwettkampfs auf die Kultur und geben uns das Gefühl, dass es OK ist, in (einen) Sieger und (viele) Verlierer zu unterscheiden.
Warum regt sich dagegen kein Protest?#dbp22 #fbm22 #buchpreis pic.twitter.com/BI8w8gVxdQ
— Thing Frankfurt (@thingfrankfurt) October 17, 2022
Nach de Solla Prize sollte auch gelten:
Die Anzahl der Kunst- und Kulturpreise verdoppelt sich alle x Jahre.
— Thing Frankfurt (@thingfrankfurt) October 14, 2022
JF English bemerkt:
Kulturpreise urteilen nicht nur über Kultur. Sie sind auch selbst #Kultur.
Sie lassen es normal erscheinen, Kultur unter Bedingungen des Wettkampfs zu sehen, als einen Sport, der selbstverständlich Gewinner und Verlierer kennt.#dbp22 pic.twitter.com/J3UTPs2xPj
— Thing Frankfurt (@thingfrankfurt) September 21, 2022
Kunst- und Kulturpreise, wie der @Buchpreis sind Folklore, eine Art Oberammergau. Ein geistiger Trachtenumzug. #dbp22
— Thing Frankfurt (@thingfrankfurt) September 20, 2022
Das große Paradox:
Niemand ist gut auf Kulturpreise zu sprechen.
Trotzdem herrscht an ihnen kein Mangel. Jedes Jahr kommen neue hinzu.
(nach J.F. Englisch, The Economy of Prestige)
— Thing Frankfurt (@thingfrankfurt) August 4, 2022
Nach JF English hat die Zahl der Kulturpreise seit 1900 um den Faktor 100-1000 zugenommen.
Es gibt in den USA derzeit etwa 26.000 Kulturpreise. Mehr als 100 davon mit einem Preisgeld von über 100.000$.
(nach The Economy of Prestige) pic.twitter.com/lUrtOOY6MV
— Thing Frankfurt (@thingfrankfurt) August 4, 2022