Nachdem wir neulich entdecken mussten, dass unser Lager mit Hinterlassenschaften der Eltern sich in einem feuchten Kellerraum befand, in dem vor allem die Bücher großen Schaden nehmen konnten, zogen wir heute Kisten und Möbel in ein trockenes Lager in Neukölln um.
Wir sind in einer Epoche, in der sich uns der Raum in der Form von Lagerungsbeziehungen darbietet. (Foucault, Andere Räume)
Ich darf sagen, dass ich dem Termin mit großer Sorge entgegen sah. Denn es war unklar, in welchem Zustand sich der Inhalt der Kisten befinden würde. Vier Wochen zuvor hatten wir eine Kiste vor Ort geöffnet, die dann zu unserem Schrecken verschimmelte Bücher enthielt. Mir blieb nicht anderes übrig, als sie wegzuwerfen.
Dabei waren die Bücher keineswegs das größte Problem. Zur Not ließen sie sich noch ersetzen. Ich dachte an Fotoalben, die ich damals im Haus meiner Mutter aussortiert hatte, an ihre Briefe und Notizbücher, sowie noch meine eigenen Tagebücher, die ich aus meinem ehemaligen Jugendzimmer gerettet hatte.
Alles gut
Zu meiner großen Erleichterung ergaben sich keine schweren Schäden. Wie unsere Helfer Kiste um Kiste aus dem Keller schleppten und im bereitstehenden Transporter verstauten, nahm ich hier und da Stichproben oder füllte Inhalt aus zerschlissenen Kartons in neue um, unter denen ich feststellen konnte, dass fast alles noch in gutem Zustand war. Nur der große Teppich, der bei meinen Eltern im Wohnzimmer lag, wies an einer Ecke Feuchtigkeitsschäden auf. Zuerst wollte ich ihn entsorgen lassen, dann schnitt ich einfach den beschädigten Abschnitt (wie das Ende einer Wurst) ab. Später könnte man die Kante neu ketteln lassen. Der Teppich wäre sowieso zu groß für mich gewesen.
Alles kam dann um die Ecke in Neukölln in ein neues und hoffentlich trockenes Lager, so wie wir uns es eigentlich auch gedacht hatten. Erleichtert ging ich nach Abschluss des Umzugs mit meiner Schwester zu einem Mittagstisch, wobei ich im Gehen die schräge Atmosphäre Neuköllns bemerkte, eine Ecke Berlins, die ich fast gar nicht kannte.
Was bleibt?
So erfreulich diese Aktion, oder sollte ich Rettung sagen, verlief, durfte sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass der endgültige Verbleib dieses Erbes ungeklärt ist. Ob meine Schwester noch viel davon nehmen wird, bezweifele ich. Sie klagt jetzt schon, unter zu viel Besitz zu leiden.
Wenn ich die Sachen einmal übernehmen sollte, so kämen sie doch nur zeitweilig bei mir unter. Mangels Nachkommen käme nach meinem Tod erneut die Frage auf, was mit ihnen geschehen könnte. Das mag hoffentlich noch eine Zeit hin sein, doch jetzt schon liegt ein Schatten des Verlusts über den Dingen.