Andy Warhol besaß ein sehr scharfes Verständnis für die Veränderungen, die der Massenkonsum der amerikanischen Gesellschaft gebracht hatte. Entgegen den Kritikern des linken Lagers sah er vor allem die Vorteile.
Als sozialer Aufsteiger bemerkte Warhol an den Gegenständen des Massenkonsums besonders ihre demokratisierenden und egalisierenden Wirkungen. Jeder konnte ein Auto fahren (seit Henry Ford), Blue Jeans tragen, Schallplatten hören oder Coca-Cola trinken. Dieser Softdrink hatte es Warhol angetan, so dass er ihn und seine Eigenschaften entsprechend hervorhob: „Coca-Cola ist für alle Menschen gleich. Selbst der Präsident kann kein besseres Cola trinken als der Penner auf der Straße.“
Könnten wir uns vorstellen, Warhol hätte die Eigenschaften von Coca-Cola auch auf die Kunst übertragen:
Selbst der Präsident kann sich keine besseres Kunst kaufen als der Penner auf der Straße.
Nein, soweit wäre er wohl nicht gegangen, obwohl er ja davon träumte, mit seiner Kunst ebenso viel zu leisten wie der Erfinder der Blue Jeans. Er dachte wohl an Kunst als Massenkonsumartikel, – aber trotz der seriellen Herstellung vieler seiner Werke, schuf er dennoch am Ende auratisch aufgeladene Originale, die schließlich auf Auktionen Millionen erbrachten.
War sich Warhol dessen bewusst, dass Kunst, anders als Coca-Cola keine Massenprodukt war und genau zu den größten Ungleichmachern gehörte?
Mehr noch: die von Kunst produzierten Ungleichheiten sind die extremsten, die es gibt. So schrieb der französische Soziologe P.M. Menger:
Ein Markt, auf dem das Konkurrenzprinzip nicht nur akzeptiert, sondern, – ein reiner und vollkommener Wettbewerb einmal vorausgesetzt – sogar ausdrücklich gefördert wird und auf dem die Karriereungleichheiten völlig unverkrampft zur Schau gestellt und dazu benutzt werden, eine Faszination zu schüren, ohne dass sich jemand über die Monopolisierung der Gewinne empören würde, ist der Traum jedes Kapitalisten.
(Kunst und Brot, S.41/42)