Ostersonntag, Zeitumstellung und letzter Tag meines Deutschlandtickets, das ich dazu nutzte, mit der Regionalbahn nach Marburg zu fahren. (Ab morgen dann wieder mit dem Rad…)
In Marburg war ich zuletzt im Mai 1991, zu Besuch einer ehemaligen Mitbewohnerin aus Wien, Ruth. Es regnete in Strömen. Sie brachte mich vom Bahnhof geradeweg in ein Seminar des Germanisten Gert Mattenklott, der dort über die Thesen in Benjamins Über den Begriff der Geschichte sprach. Er forderte uns auf, im Text „hymnische Ekstasen“ zu bemerken. Am Abend war ich zu Gast in Ruths WG. Jemand feierte Geburtstag. Ich langweilte mich bei etwa einem Dutzend Politologen und Soziologen zu Tode. Danach sah ich Ruth nie wieder.
Entsprechend fehlte mir beim heutigen Wiedersehen jegliche Erinnerung. Ich sah Marburg buchstäblich mit neuen Augen. Vom Bahnhof lief ich ohne großen Plan in Richtung Innenstadt, die ich irgendwo an den Hängen des Berges vermutete, auf dem weit sichtbar das Schloss thronte.
Unterwegs kam ich am Alten Botanischen Garten vorbei. Keine gewaltige Sache, aber zwischendrin bemerkte ich an einigen Bäumen Tafeln, die auf das Projekt eines Gesprächsgartens hinwiesen. Ein schönes Wort, finde ich, in dem Elemente der griechischen Peripatetik anklingen. Informationen dazu fand ich Netz auf dieser Webseite und auf dieser Webseite.
Schließlich erreichte ich, bequem durch einen Aufzug, die Marburger Altstadt, deren Fachwerkausprägung wenig Begeisterung bei mir auslöste. Ich bin gänzlich froh, nie in einer dieser typisch deutschen Studentenstädte studiert zu haben, wie Tübingen, Göttingen oder eben Marburg. Ebenso beließ ich es bei einem knapp gehaltenen Rundgang, ohne jede Lust, irgendwo einzukehren, bevor ich dann zu Lahn herabstieg, wo ich den entsprechenden Marburgblick fand, und dann am Ufer entlang wieder zum Bahnhof lief. Dort eine kleine Pause, warten auf den Zug, der mich dann mit beträchtlicher Überfüllung (Menschen standen in den Gängen) geschwind nach Frankfurt zurückbrachte.