Die Ausstellung in Budapest

Einladungskarte zur Ausstellung "Térképek - Karten", Tölgyfa Galerie, Budapest, 1.12. 1989

Einladungskarte zur Ausstellung „Térképek – Karten“, Tölgyfa Galerie, Budapest, 1.12. 1989

Aus dem Lager in Neukölln nahm ich einen weiteren Band meiner Tagebücher mit. Den letzten des Jahres 1989, worin sich die Ausstellung in Budapest fand, die heute, am 1. Dezember, vor 34 Jahren eröffnet wurde.

Ich weiß nicht mehr, wie es dazu kam, dass unser Dozent Mathias Fuchs die Ergebnisse unseres Internetprojektes ›MAPS‹ aus den zurückliegenden beiden Semestern WS 88/89 und SS 89 ausgerechnet in Budapest präsentieren wollte. Es gab an der dortigen Hochschule möglicherweise ein Interesse an unserem Arbeiten im EARN-Netz, aber ich bin unsicher, ob wir in Wien wirklich mit Budapest in telematischer Verbindung gestanden hatten. (Immerhin stand 1988 noch die Mauer…)

Das wird sich vielleicht nicht mehr aufklären lassen. Aber es war aufregend. Ich glaube, meine erste Ausstellung als Kunststudent.

Einige Bruchstücke aus der Erinnerung und aus dem Tagebuch:

— zwei Tage vor der Eröffnung (am 29.11.) fuhren wir mit allen Sachen in einem VW-Bus in Richtung Budapest. Die Fahrt über die Landstraße sollte von Wien etwa 4 Stunden dauern. Wir kamen gegen 15:00 an der Grenze in Hegyeshalom an. Auf die Frage des ungarischen Zöllners, was wir da für Sperrholzplatten im Auto hätten, antwortete unser Dozent Mathias am Lenker jovial: „Kunst“. Darauf mussten wir rechts rausfahren und wurden gut 7 Stunden bei eisiger Kälte (-11°) festgehalten, bis wir nach Überprüfung aller Umstände weiterreisen durften. Wir kamen gegen 2:00 in Budapest an und mussten auch noch ausladen.

— die Eröffnung der Ausstellung verlief entgegen unserer Erwartung sehr steif und förmlich. Die Ungarn blieben mehrheitlich zurückhaltend. Wir standen herum und warteten. Es gab im hinteren Teil der Galerie eine Bar (tagsüber der Aufenthaltsraum für die Mitarbeiter). Wir aus Österreich hielten uns an die Bar. Die Ungarn saßen an Tischen. Niemand sprach uns an.

Ausstellung 'Térképek - Karten' in der Tölgyfa Galéria in Budapest am 1.12. 1989

Ausstellung 'Térképek - Karten' in der Tölgyfa Galéria in Budapest am 1.12. 1989

— irgendwann wandte ich mich an die Hohenbüchlers, zwei sehr attraktive Frauen: „Seid ihr denn wenigstens angemacht worden?“ „Keine Spur“, entgegnete mir Christine. Sie hätte mit einem Herrn flirten wollen; doch der hätte erklärt, er wäre verheiratet und sich brüsk abgewandt. Wirklich seltsam.

Ausstellung 'Térképek - Karten' in der Tölgyfa Galéria in Budapest am 1.12. 1989

Ausstellung 'Térképek - Karten' in der Tölgyfa Galéria in Budapest am 1.12. 1989

— Am nächsten Tag hat „es“ dann funktioniert. Wir waren alle zusammen im Gellért Bad, wo der Bademeister Christine „kaufen“ wollte. Für umgerechnet 5 DM. Das war viel Geld bei dem damaligen Wechselkurs. Ich hatte 300 Schillinge in Forint eingetauscht und konnte sie kaum ausgeben.

Selbst in der Tölgyfa Galéria in Budapest

Selbst in der Tölgyfa Galéria in Budapest

— obwohl unsere Kunstwerke auf Netzen und Computern basierten, konnten wir keine Computer mitbringen, weil noch Kalter Krieg herrschte, der bestimmte Produkte mit einem Ausfuhrverbot belegte. So auch Apple-Computer. Ich hatte daher einen Teil meiner Arbeiten auf Dia belichten lassen. Entweder hatten wir Projektoren mitgebracht oder die Budapester Hochschule besaß welche.

MIF-Tölgyfa Galéria bejárati épülete, Budapest (Fotó Haider Andrea)

Tölgyfa Galerie, um 1987. Foto Wikipedia.

— hier ein Bild der Tölgyfa Galéria, die zur Kunsthochschule Budapest gehörte, aus dem Netz. Ich habe auch noch eigene Fotos, die ich aber noch heraussuchen muss. Das Gebäude scheint es nicht mehr zu geben. Bei G–gle sieht es jetzt so aus, ein Neubau…

— ich wohnte mit den Hohenbüchlers in der Wohnung einer Assistentin der Hochschule, Erika. Es gab einen Innenhof mit vielen Türen. Durch die Tür betrat man direkt die Wohnung, die nur aus einem Zimmer bestand. Es gab darin eine Küchenzeile und im hinteren Teil abgetrennt eine Dusche. Die Toilette war, meine ich, separat im Hof. Aufgrund der Kälte wartete ich, bis ich in der Galerie die Toilette nutzen konnte. In der Galerie herrschten nahezu tropische Temperaturen, denn die Heizungen standen auf Anschlag und ließen sich auch nicht herunterregeln.

– mit den Hohenbüchlers ging ich auch einkaufen. Wir hatten gehört, dass Künstlerbedarf sehr günstig wäre. Da ich nicht mehr malte, machte das wenig Sinn für mich. Ich habe nur Buntstifte gekauft. In der Nähe fand sich auch ein Geschäft für Fotobedarf. Dort kaufte ich Fotopapier und Film. (Billig zwar, aber von der Qualität nicht mit Kodak oder Ilford vergleichbar.) Budapest erschien uns sehr groß und teils morbid. Viele Häuser waren in einem traurigen Zustand. Mehrmals fiel vor oder nach uns Putz von den Fassaden auf den Gehsteig.

Fortsetzung folgt…

  

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